Wusstest du, das Worte schmecken können?
Es gibt Begriffe, die wohlschmeckend sind und andere, die schlecht schmecken. Welche das sind, das ist Geschmacksache und situationsabhängig.
Machen wir uns bewusst, wie Worte schmecken, haben wir die Wahl, ob wir sie schlucken oder ausspucken möchten.
Ähnlich einer Weinverkostung biete ich in meiner Einzel- oder Gruppenarbeit zur „Bewussten Sprache“ folgende Sprachübung an:
- Schließe die Augen
- Nimm ein Wort in den Mund, welches du häufig aussprichst
- Koste es
- Achte dabei darauf, welche Assoziationen und Bilder dir zu diesem Wort in den Sinn kommen
- Achte darauf, welche körperlichen und emotionalen Reaktionen das Wort in dir hervorruft
- Wähle, ob es für dich wohlschmeckend ist oder nicht
- Verwende es dort, wo es für dich stimmig ist
- Wähle ein neues Wort, wo das alte nicht mehr stimmig für dich ist.
Wie schmeckt „Funktionieren“?
Nimm das Wort „Funktionieren“ in den Mund, während du jetzt weiter liest. „Funktionieren, Funktionieren, Funktionieren,..“ Wie schmeckt es dir? Wonach schmeckt das Wort „Funktionieren“? Welche Bilder tauchen auf, wenn du das Wort „Funktionieren“ hörst? Welche Gefühle und welche körperlichen Reaktionen kannst du wahrnehmen?
Nun lies folgende Sätze und beobachte deine innerlichen Reaktionen auf Zustimmung oder Ablehnung:
- Meine Ehe funktioniert gut!
- Die Erziehung hat super funktioniert!
- Der Toaster funktioniert wieder.
- Der PC hat gestern nicht funktioniert.
- Unser Sexualleben funktioniert Gott sei Dank!
- Die Zusammenarbeit im Team funktioniert einwandfrei.
- Funktioniert dein Kreislauf wieder?
- Der Alkohol hat eine Funktion im Familiensystem.
- Die Funktionsrechnungen in Mathematik habe ich geliebt.
- Endlich funktioniert die Kommunikation mit meiner Schwester wieder.
- Die Familienplanung funktionierte leider noch nicht.
In welchen Sätzen ist das Wort für dich stimmig?
Mögliches Ergebnis:
Alle meine KursteilnehmerInnen waren sich bisher einig, dass Funktionieren nach Metall schmeckt. In den Fantasien tauchten Zahnräder und Maschinen auf. Das Erleben wurde überwiegend als hart, strukturiert, klar, leistungssteigernd und technisch beschrieben.
Facit:
Das Facit war, dass das Wort „Funktionieren“ für lebendige zwischenmenschliche Phänomene schlecht schmeckt und unpassend ist, außer wir möchten zu Maschinen werden. Der Begriff „Funktionieren“ wäre nur dann förderlich, wenn wir in unserer Ent-Menschlichung voranschreiten wollten. Im Burnout-Prozess ist diese Depersonalisation oder Entmenschlichung ein häufiges Phänomen. Viele Menschen sagen „Ich funktioniere nur mehr!“ Damit sagen sie indirekt aus, dass sie sich nicht mehr lebendig fühlen.
Eine innerliche Zustimmung findet das Wort bei Maschinen und Geräten und isolierten körperlichen Systemen, wie z.B. die Kreislauffunktion.
Worte wirken auf unsere (Er)Leben, daher mag ich für menschliche Vorgänge simmige und wohlschmeckende Alternativen finden.
Ich biete dir folgende an:
- Unsere Ehe ist lebendig/harmonisch/abwechslungsreich.
- Die Kindererziehung ist geglückt/erfolgreich.
- Die Zusammenarbeit im Team gelingt gut/ist effektiv.
- Die Kommunikation mit meiner Schwester ist friedlich/wertschätzend.
- Alkohol hat eine Bedeutung/Wirkung in Familien.
- Die Familienplanung beschäftigt uns. Noch wollte kein Seelchen zu uns kommen. Ich bin traurig, dass wir noch kein Kind haben.
Ich hoffe, ich habe mit meiner Sprachanregung etwas in dir bewirken können! (Ich sage jetzt nicht: Ich hoffe, dass meine Anregung funktioniert. 😉
Wichtig für Gespräche:
Hör genau hin, wie oft Menschen das Wort „Funktionieren“ verwenden. Wiederhole im Gespräch einen gesprochenen Satz unauffällig mit einem Alternativbegriff, ohne belehrend zu sein. Beginne bei dir, anstatt andere zu bekehren. Sonst funktioniert das nämlich nicht. 😉
z.B. Freundin B: Das mit meinem Chef und mir, das funktioniert einfach nicht.
Du antwortest z.B.: Du bist mit der Zusammenarbeit unzufrieden? Was wünschst du dir?
Wenn du Interesse hast, dich in die bewusste Sprache der Begründerin Mechthild Roswitha von Scheurl-Defersdorf zu vertiefen, kannst du dies unter www.lingva-eterna.de tun.
In meinem Buch findest du ebenfalls eine Fülle an erlesenen Sprachproben.
Ich wünsche dir viel Freude mit deinem Sprachschatz!