Die Wechseljahre der Frau erinnern mich in vielerlei Hinsicht an die Pubertät.
Gleich ist, dass es beide Male um ein hormonelles Geschehen geht, das eine sogenannte normative Lebenskrise auslöst.
Gleich ist, dass die Identität wechselt. Einmal vom Mädchen zur jungen Frau, ein andermal von der jungen Frau zur alten Frau.
Einmal nehmen die weiblichen Hormone zu, ein andermal ab. Entsprechend der hormonellen Schwankungen kann es zu emotionalen und kognitiven Schwankungen kommen. Ängste, Gereiztheit, Gedächtnislücken, Scham, Trauer….
In beiden Lebensphasen endet etwas, und das ist natürlich mehr oder weniger traurig.
Im Wechsel wechseln einander männliche und weibliche Kräfte ab, sie verbinden sich, trennen sich, konfrontieren sich, erschaffen einander. Sie tanzen und zanken sich in uns.
C.G. Jung, ein Freund von Richard Wilhelm (Sinologe), beschreibt dies als Animus und Anima.
Yin steht für Anima. Diese Energie ist unsere „innere Frau“, das Aufnehmende, Passive, Bewahrende, Wartende, Kühle. Hier auf dem Bild die runde Figur!
Yang steht für Animus. Diese Energie steht für den „inneren Mann“, das Abgebende, Aktive, Gebende, Warme. Hier auf dem Bild die eckige Figur!
Im Wechsel drängt sich unser „innerer Mann“ in den Vordergrund. Er verhilft der Frau im Wechsel zu mehr Klarheit, Aktivität und Selbstausdruck.
Hat sich eine Frau vor dem Wechsel stark mit der inneren Frau identifiziert, so kann es sein, dass sie mehr Wechselbeschwerden hat, als eine, die immer schon auch ihren inneren Mann zu Wort kommen ließ.
Konkret meine ich damit z.B. eine Frau, für die „Muttersein“ die einzige Hauptquelle für ihre Identität war. Sie wird vermutlich mehr trauern, als eine Frau, die neben der Rolle als Mutter auch eine Identität als Frau empfand, die sie in anderer Weise erfüllte…z.B. als Künstlerin.
Nach den Wechseljahren haben wir den „inneren Mann“ und die „innere Frau“ in eine Balance gebracht, in die Mitte geführt, zu einer „inneren Hochzeit“ (Sonja Kübber).
Yin und Yang kommen in Einklang.
Bis dahin jedoch kann es sein, dass die wechselnde Frau Neues ausprobiert, mutig wird, laut, hart, aggressiv. Vielleicht holt sich etwas nach, was sie in der Pubertät nicht gelebt hat, probiert es aus und lässt es wieder sein.
Die Frau im Wechsel darf sein, wie sie es für richtig fühlt, nicht wie andere es für richtig empfinden.
Die Frau im Wechsel sagt nun öfters mal Nein, anstatt automatisch Ja. Die Frau im Wechsel erkennt, dass alles im Leben wechselt. Jeder alte Moment weicht einem neuen Moment. Sie kann daher vielleicht leichter loslassen von Konzepten, die sie sich über das Leben macht. Sie kann toleranter ihren eigenen wechselnden Stimmungen und derer anderen gegenüber sein. Sie wundert sich irgendwann nicht mehr, dass sie zuerst zu- und dann doch absagte, weil ihr das Angebot nicht mehr entsprach…in dem Moment zumindest.
Die Frau im Wechsel kommt auf den Punkt, wechselt Hobbies, Wohnort, Freunde, vielleicht den Lebenspartner? Irgendetwas darf wechseln, also weichen! „Wechseln“ kommt ethymologisch von „weichen = Platz machen“. Wir Alten dürfen den Jungen weichen; wir machen ihnen Platz.
Typisch für die Zeit um 49 ist, dass die Frau ihre geistige Mutterschaft antritt. Das ist der Unterschied zur Pubertät. Die junge Frau braucht einen Jungen Mann, um gebärfähig zu sein, die Frau im Wechsel nicht. Sie hat ihren Mann in sich, neben ihrer inneren Frau stehen. Diese beiden in ihr sind somit schöpferisch, auch ohne äußeren Mann.
Freilich kann sie auch gemeinsam mit ihrem äußeren Mann eine „geistige Elternschaft“ beginnen. Es muss aber nicht sein. Jeder kann gut für sich sein…Im Idealfall bleibt ein Partner „in sich ganz“ gut übrig, wenn der andere/die andere stirbt.
Die Frau im Wechsel gebiert also etwas Neues, sozusagen „ihr Baby“ und das ohne äußeren Mann. Das kann ein Buch sein, eine Boutique, ein kreatives Produkt (Getöpfertes, Gestricktes, Gemaltes,..), ein soziales Engagement, und zeigt sich damit öffentlich.
Der Wechsel ist kein Punkt, sondern eine Phase, die von 35 bis 65 reichen kann. Nach den 7-er Rhythmen spricht die chinesische Medizin von 49 (7×7), in der die Frau im Durchschnitt ihre Menopause hat.
Der Mann wechselt übrigens auch, aber langsamer, unmerklicher und nach der TCM im 8-er Rhythmus, also mit 8×8 = 64 Jahre. Mehr dazu hier.
Folgende Fragen können hilfreich für Sie und Ihre Wechseljahre sein:
- Was haben Sie in der Pubertät nicht gelebt? Möchten Sie es (ähnlich) nachholen?
- Wenn Sie gestorben wären, was hätten Sie bereut, nicht getan zu haben? Holen Sie es bitte nach!
- Angenommen, Sie hätten monatlich Ihren Lebensunterhalt auf dem Konto und müssten nicht arbeiten gehen. Was würden Sie tun? Würden Sie von Herzen gern auf den selben Arbeitsplatz gehen? Wo würden Sie dann gern arbeiten? Würden Sie nie mehr arbeiten? Was stattdessen?
- Haben Sie ein Vorbild für eine alte Frau? Eine Bild von einer alten Frau, wie Sie einmal werden möchten?
- Wer könnte im Alter von Ihrer Weisheit profitieren?
- Welche Spuren möchten Sie der Welt hinterlassen?
Freuen Sie sich auf ein Leben ohne Regel(n?) und lassen Sie sich vom Vortrag „Die Frau im Wechsel“ auf YouTube inspirieren!
Ohne die Verantwortung für die Inhalte der verlinkten Seite zu übernehmen, möchte ich Ihnen die Seite meiner geschätzten PraxiskollegInnen Janka und David Regenfelder für Fragen zur TCM mitteilen.