Versorgen vs. Fürsorge

Wir alle haben Anteile in uns, die uns mehr oder weniger gut versorgen wollen.

Anteile, die uns Essen zubereiten, den Körper pflegen, für ausreichend Schlaf sorgen, ein Dach über dem Kopf sichern usw.

Wie jedoch steht es um Anteile, die fürsorglich sind? Was ist der Unterschied? Gibt es überhaupt einen Unterschied?

 

Fürsorglich mit einem Menschen zu sein, fühlt sich für mich anders an, als einen Menschen zu versorgen.

Fürsorglich mit anderen oder mir selbst umzugehen, fühlt sich warm, gefühlvoll, empathisch an.

Mich oder andere zu versorgen, fühlt sich pragmatisch, organisatorisch und technisch an.

 

Es mag sinnvoll sein, dafür zu sorgen, dass ich Essen im Kühlschrank habe, mit dem Rad anstatt mit dem Auto fahre usw.

Diese zunächst fürsorglich gestimmten Versorgeranteile können jedoch mit der Zeit eine Strenge und Härte bekommen. Dadurch fühlen sich andere Anteile in uns dann möglicherweise beschämt, weil sie den Ansprüchen der Versorgeranteile nicht gerecht werden.

Dann spätestens mag es sinnvoll sein, sich (wieder) liebevoll und fürsorglich diesen Anteilen zuzuwenden und nachzufühlen, wie es diesen emotional geht und was sie brauchen.

Welche Emotion und welches Bedürfnis liegen hinter dem Versorgeranspruch?

Ist es vielleicht eine Angst und sind es z.B. Bedürfnisse nach Beruhigung und Trost, nach Wertschätzung und Geborgenheit?

 

Beispiel:

Ich sorge dafür, täglich mit dem Rad zur Arbeit zu radln. Eine Zeitlang geht dies gut.

Plötzlich beginnt ein Anteil in mir dagegen zu rebellieren.

Nun fährt der Versorgeranteil seine Härte aus und beginnt den „faulen“ Anteil in mir abzuwerten. „Bist schon wieder faul. Du versagst auf allen Ebenen. Du musst halt endlich mal etwas Disziplin aufbringen!“

Der Druck und der innere Konflikt steigt.

Gebe ich nun dem Versorgeranteil recht, weil er rational gesehen recht hat?

Oder wende ich mich zunächst dem Widerständler und dem Versorger in mir fürsorglich zu?

Ich könnte ergründen, dass hinter dem Antreiber, ich müsse mit dem Rad fahren, die Angst zu sterben steht. Ich spüre diese Angst und umarme sie verständnisvoll.

Ich könnte ergründen, dass hinter dem „faulen“ Anteil Wunsche nach bedingungsloser Liebe, Nach Erholung, Ruhe und Entlastung stehen und diese Bedürfnisse ernst nehmen – sie für (auch) wahr nehmen.

Die streitenden Anteile können dann ihre Ruhe und einen Konsens finden, der Versorgung und Fürsorge vereint. Wer weiss vielleicht wird daraus sogar Vor-Sorge?!

Hinweise:

  1. Emsi kann hier helfen, die dahinterliegenden Emotionen und Bedürfnisse zu ergründen.
  2. Immer wenn ich mir um etwas Sorgen mache, frage ich mich, wie ich für etwas sorgen kann. Sich um etwas Sorgen machen, findet in Gedanken statt. Für etwas zu sorgen hilft uns, in die Tat zu kommen.
  3. Manchmal kann auch Sinn machen, etwas in Gedanken oder gegenständlich zu ent-sorgen.
  4. Vertiefende Informationen zu Trauma und Traumatisierung finden sich bei Verena König.

 

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