Definition:
Flexibel kommt aus dem lateinischen flectere und bedeutet biegen.
Ich definiere Flexibilität als eine bewusste kognitive Fähigkeit, auf zur Verfügung stehende Ressourcen zugreifen und sich anders als geplant, verhalten zu können.
Flexibel bin ich, wenn ich mich an veränderte Umstände anpassen kann. Gelingt mir das nach längerer Zeit nicht, leide ich unter einer sog. Anpassungsstörung – einer depressiven Reaktion.
Flexibel sein bedeutet somit auch, einen Verlust angemessen betrauern zu können, denn nur wenn ich von etwas Abschied genommen habe, kann ich auch Neuer begrüßen – also flexibel sein.
Der flexible Weidenbaum:
Die Weide ist ein Bild für Flexiblität. Die Weise lässt sich stark biegen und ist somit sehr resilient. Hört der Sturm auf, steht sie wieder gerade. Die Weide ist weich, sie kann widrigen Umständen weichen. Auch die Wechseljahre der Frau vergleiche ich gern mit der Weide. Wir Frauen müssen nicht mehr allem Stand halten, wie eine Eiche, wir dürfen weichen und anderen Platz machen. Wir gehen mit dem Wind mit, spielen mit ihm und bleiben elastisch und lebendig.
Keine Flexiblität ohne Stabilität:
Wäre der Weidenbaum nicht verwurzelt, wäre er nicht flexibel. Es gibt somit keine Flexibilität ohne Stabilität! Wenn das Leben von uns Flexibilität abverlangt, dann können wir diese nur bei entsprechender Erdung leisten. Bin ich achtsam im Hier und Jetzt, präsent in meinem Körper? Bin ich bei „Sinnen“? Spüre ich meinen Körper, fühle ich Gefühle, habe ich alle meine 5 Sinne im Gewahrsam?
Zu viele Stürme schwächen oder entwurzeln selbst eine Weide. Es braucht Pausen zur Regeneration. Genau das macht einen resilienten Menschen aus. Was Resilienz bedeutet lesen Sie im Detail hier und sehen Sie auf YouTube hier.
Blatt im Wind:
Wären wir ohne Verwurzelung flexibel, dann wären wir ein Blatt im Wind. Er trägt uns hin, wo er uns haben will. Das Blatt ist kraftlos ohne Wind. Es ist nicht verbunden mit dem Boden, nicht stabil.
Resistente Eiche:
Die Eiche ist zwar resistent, dafür nicht flexibel. Sie ragt rasch in die Höhe, hält großen Druck aus, aber sie weicht nicht aus. Ist der Druck zu groß, bricht oder entwurzelt sie.
Facit:
Nun frage ich Sie: Wo sind Sie in Ihrem Leben eher eine Eiche, ein Weidenbaum oder ein Blatt im Wind? Was entspricht eher Ihrer Natur? Und wohin möchten Sie sich entwickeln?
Ich persönlich glaube, oft ein Blatt im Wind gewesen zu sein. Meine Lebensgeschichte gab mir wenig Wurzeln mit. Diese Wurzeln habe ich mir mit jahrelanger Achtsamkeitspraxis, Psychotherapie mehr oder weniger mühsam erarbeitet. Heute aber kann ich stolz behaupten, flexibel zu sein.
Die Eiche ist mir eher fremd. Aber ich kenne Menschen, die im Eichemodus leben. Sie sind beständig, materialistisch, traditionsgebunden, stabil, fest, treu, sicherheitsbedürftig, auch mal halsstarrig, dickköpfig, stur,…
Ihnen könnte ein wenig Flexiblität gut tun.
Aber Achtung vor Manipulation:
Flexibilität kann mit dem Anspruch an Gehorsam verwechselt werden!
Wenn mir jemand eine Waffe an die Schläfe setzt und ich gebe das Geld heraus, dann bin ich nicht flexibel, sondern ich habe keine Wahl! Ich muss gehorchen. Dann hat es nichts mit meiner Fähigkeit flexibel zu sein zu tun, sondern mit Gewalt und Ohnmacht.
Es gibt auch legale Machtausübung, wenn es Gesetze, Leitsätze, Richtlinien, SOPs gibt, die fordern, dass ich mich anpasse. Das hat dann aber ebenso nichts mit Flexibilität, sondern mit Bewusstsein und klaren Vereinbarungen zu tun.
Wenn jemand von jemandem verlangt, flexibel zu sein, dann ist dies aus meiner Sicht eine Form von Manipulation. „Sei halt ein wenig mehr flexibel!“ ist Manipulation.
Ideales Beispiel für Flexibilität im Team wäre:
Vorgesetzter fragt im Team: „Ich brauche heute noch jemanden eine Std. länger. Wer hat Zeit?“
MA sagt: „Ich werde schauen, ob ich einen Termin am Nachmittag absagen kann, dann kann ich bleiben.“
Wie fördere ich nun aber meine Flexiblität?
Wer eher dem Eichemodus angehört und Flexibilität üben möchte, kann dies wie folgt tun:
- Sämtliche Trainings, wie sie auch Piloten machen, um bei veränderten Bedingungen handlungsfähig zu bleiben
- Improvisationstheater- wo es darum geht, gemeinsam eine Szene zu entwickeln, wo ich flexibel auf ein Angebot meines Spielpartners reagieren soll.
- Sämtliche Gesellschaftsspiele, Strategiespiele, wo ich auf Unvorhersehbares reagieren muss.
- Braingymnastik wie Jonglierübungen mit 1-2 Bällen
- Täglich neue Wege gehen, dann kannst du auch im Leben neue Wege gehen.
- Erdung, also Präsenz im Körper, sinnliche Wahrnehmung, bewusstes Atmen, um bei sich zu bleiben, bzw. wieder zu sich zu kommen.
- Tangotanzen
- Bewusstsein, dass das Leben nicht vorhersehbar ist.
Ein Patient sagte einst zu mir: „Willst du Gott zum Lachen bringen, dann mach Pläne!“