Meist versuchen Menschen in Gesprächen, sich selbst gut darzustellen. Damit meinen Sie, ihren Selbstwert schützen zu können und Liebe und Anerkennung zu ernten. Die Gefahr ist jedoch, dass sie dadurch auf andere selbstgerecht, rechthaberisch oder überheblich wirken. Dies verleitet so manchen Gesprächspartner dazu, auf die Suche nach deren Fehlern und Schwächen zu gehen und sie genau auf diese aufmerksam zu machen. Ein Machtkampf ist vorprogrammiert. Klug kann es daher sein, sich rechtzeitig selbst für unsere Fehler und Schwächen zu begeistern. Damit üben wir uns in „liebenswürdiger Demut der Selbstverachtung“, die der Philosoph F.T. Vischer als Bedingung für die Entstehung von Humor formulierte.
Warum heißt die Judo-Methode Judo-Methode?
Beim Judo wird die Angriffskraft des Gegners/der Gegnerin geschickt für eigene Zwecke genützt. Die Zielrichtung des Angreifers wird dabei bestätigt und verstärkt. Der andere ist geschwächt und fällt zu Boden.
Übertragen auf die Kommunikation (wobei niemand zu Boden fallen sollte!) bedeutet dies nun Folgendes:
Sie akzeptieren die Argumente und Vorwürfe Ihres Partners inhaltlich auf übertriebene Art und Weise. Sie bejahen diese und setzen noch eines drauf. Die dadurch entstehende paradoxe Situation verwirrt und schwächt die GesprächspartnerIn. Diese/r kann Ihnen nicht widersprechen, da sie sich dann selbst widersprechen würde. Sie schweigt oder wechselt das Thema oder reagiert irgendwie verlegen und mit einer Übersprungshandlung (rückt sich die Krawatte zurecht, holt einen Kaffee oder geht aufs WC,..).
Sie vermitteln im Judo: Es stimmt, was du sagst, und in Wirklichkeit bin ich sogar noch viel schlimmer! Selbstverständlich glauben Sie das nicht wirklich, Sie sagen es nur!
Beispiele:
- Er eifersüchtig zu ihr, bevor sie die Kur antritt: „Nicht, dass du dir einen Kurschatten angelst!“ Sie: „Einen? Also wenn, dann schon so zwei bis drei!“
- Sie zu ihm: „Du trinkst zu viel!“ Er: „Stimmt, Stiegl hat schon Lieferschwierigkeiten!“
- Freundin zu einer Freundin: „Hast du zugenommen?“ Sie antwortet: „Ja, du hast recht, kürzlich ist sogar beim Bus die Hinterachse gebrochen!“
- Er zu ihr: „Wann bügelst du mir endlich die Hemden?“ Sie: „Ich weiß, dauernd nehme ich es mir vor und vergesse ich es. Schlimm schlimm, vermutlich Alzheimer!“
- Sie zu ihm: „Sag hörst du mir eigentlich zu?“ Er: „Nein, nie und wenn, dann filtere ich mir das für mich wichtige raus!“
- Eingefleischter Veganer zu Fleischessern: „Wie könnt ihr bloß das viele Tierleid unterstützen?“ Fleischesser antwortet: „Schlimm, ich weiß. Neuerdings inhalieren wir bei Erkältung sogar den Dampf der Fleischsoße!“
- Er zu ihm: „Also der Schnellste bist du nicht!“ Er: „Stimmt. Unlängst ist mir beim Zähneputzen sogar die Zahnpasta eingetrocknet.“
- Die betagte Mutter in ironischem Ton zur mittelalterlichen Tochter: „Aha, hast du auch wieder mal Zeit für mich!“ Tochter: „Ich weiß, ich bin eine schreckliche Tochter. Am besten du gibst mich zur Adoption frei!“
- Kollege A zu B: „Sagen Sie mal, schlafen Sie?“ B: „Na ja, jetzt nicht mehr, Sie haben mich grad aufgeweckt!“
- Ich heute zu meinem Sohn: „Du hast einen Sandmann in deinem Aug!“ Antwort meines Sohnes: „Einen? Eine ganze Firma!“
Mathias Nöllke spricht in diesem Zusammenhang von der selbstironischen SIHR Technik. Sie haben Recht!
Literaturtipp: Die Humorstrategie von M. Titze und I. Patsch. Kösel. 2004.