Frau M. ist kaufmännische Angestellte, Frau K. ist Gesundheits- und Krankenpflegerin, Herr B. ist in Rente und Frau S. ist Mutter eines Kleinkindes und in Karenz. Alle haben sie etwas gemeinsam: Sie gehen nicht von einem Ort zum anderen, nein, sie rennen! Sie rennen vom Büro zur Toilette, vom Dienstzimmer zum Krankenzimmer, von der Garage zur Haustür und von der Küche aufs WC und zurück. Aus welchem Grund laufen sie?
Manchmal gibt es äußere Gründe: Das Kind schreit, also läuft die Mutter zum Kind. Ein Patient drückt die Klingel, also läuft die Krankenschwester zu ihm.
Und oft gibt es innere Gründe: die sogenannten inneren Antreiber.
Das sind „Stimmen“, die all den genannten Personen leise einflüstern: „Mach schnell! Beeil dich!“ Diese inneren Antreiber sind immer da, egal, ob es äußere Antreiber gibt oder nicht. Ohne ersichtlichen – sichtbaren – Grund hetzen sich viele Menschen selbst. Das Erstaunliche daran ist, dass sie nicht einmal bemerken, dass sie sich wie auf der Flucht verhalten. Dieser innere Antreiber „Mach schnell!“ bewirkt, dass Menschen in Stress geraten. Wenn entsprechende Zeiten für Entschleunigung, Pausen und Entspannung fehlen, wird der ursprünglich gesunde Eustress zu Disstress. Disstress macht auf Dauer krank. Verspannungen, Herz-Kreislauf-Probleme, Erschöpfung, Magen-Darm-Probleme, Schlafstörungen und Burn-out sind mögliche Folgen von anhaltendem Stress.
Die Transaktionsanalyse benennt folgende fünf innere Antreiber
„Sei perfekt!
„Mach schnell! Beeil dich!“
„Mach es allen recht!“
„Streng dich an! Sei stark!“
„Sei vorsichtig! “
Diese inneren Antreiber sind dafür verantwortlich, dass wir uns auch dann unter Stress fühlen, wenn es real außen gar keinen gibt. Diese Antreiber sind sogenannte Stressverstärker. Wenn jemand sagt, dass man sich den Stress letztlich selbst mache, dann sind damit unter anderem die inneren Antreiber gemeint.
Wege, die inneren Antreiber zu besänftigen:
1. Schritt: Beobachte deine Stimmen im Kopf
Wenn du dich an deine Kindheit erinnerst, kommen dir die oben genannten Botschaften vermutlich bekannt vor. Welche Sprüche hast du als Kind oft gehört? Welche Überzeugungen haben deine Eltern vertreten? Welche nonverbalen Botschaften bekamst du vermittelt? Waren es unter anderem folgende?
„Beeil dich! Trödel nicht so rum! Mach schnell! Tu weiter!“
„Das könnte aber schon besser sein! Schreib schöner!“
„Streng dich an! Das Leben ist kein Honiglecken! Da muss man durch! Ein Indianer kennt keinen Schmerz!“
„Pass auf! Trau niemandem! Sei auf der Hut! Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!“
Das, was unsere Eltern und Erziehungspersonen uns einst „einimpften“, wirkt in uns so lange weiter, wie wir uns dessen nicht bewusst sind und entsprechend automatisch handeln. Hätten wir den Botschaften der Eltern einst nicht Folge geleistet, hätten wir Liebesverlust, Strafe und Abwertung riskiert. Daher machte es damals durchaus Sinn, sich zu beeilen, Perfektion anzustreben, sich anzustrengen und aufzupassen. Diese Botschaften haben wir uns schließlich einverleibt und sie bestimmen auch heute noch unser Verhalten, obwohl wir bereits erwachsen sind und es nicht mehr immer Sinn macht, den Antreibern Folge zu leisten.
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2. Schritt: Höre deine Stimmen, glaube ihnen jedoch nicht (mehr) immer
Sei nicht gegen diese Überzeugungen, denn sie haben auch ihr Gutes. In jedem noch so überholten Glaubenssatz steckt eine Gabe. So hilft dir „Mach schnell“, wenn es um dringende Angelegenheiten geht. Der „Perfektionist“ hilft dir bei Arbeiten, die eine hohe Genauigkeit erfordern. Der „Beliebtheitsexperte“ hat hohe soziale Kompetenzen und der „Angestrengte“ kann wunderbar schwierige Hürden überwinden. Jemand, der gern „stark“ ist, kann gut Verantwortung übernehmen. Die Frage ist nur, ob du diese inneren Antreiber immer und überall brauchst. Nimm wahr, dass du so denkst, wie du denkst, und heiße deinen Antreiber innerlich willkommen!
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3. Schritt: Antworte deinem Antreiber mit einer für ihn überzeugenden Botschaft
Wenn du den Antreiber in einer bestimmten Situation nicht förderlich findest, dann antworte ihm mit dem „Erlaubenssatz“, der für dich am stimmigsten von allen ist:
Mach schnell!
– Ich darf mein Tempo gehen!
Sei perfekt!
– Ich darf Fehler machen!
Streng dich an! Sei stark!
– Es darf leicht gehen!
Sei vorsichtig!
– Ich darf mutig sein!
4. Erinnere dich
Schreib dir den für dich passenden Satz auf einen Zettel und hänge ihn dort auf, wo du ihn immer wieder siehst (Handy, Türrahmen, Spiegel im Bad … ).
5. Übe und belohne dich
Gib 6–8 Bohnen in deine rechte Hosentasche. Übe, deinem inneren Antreiber in Situationen zu entgegnen, in denen du ihn für nachträglich findest, und verhalte dich neu. Sobald dir das gelingt, gib eine Bohne von der rechten in die linke Hosentasche. Am Abend zähle deine Bohnen und freue dich über deinen Erfolg!